Schlesisches Himmelreich

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Schlesisches Himmelreich

Outdoor Team Powerfreak
Veröffentlicht von Ralf Kahl und Edeltraut Kahl in kulinarische Traditionen · Sonntag 31 Mär 2019
Tags: SchlesischesHimmelreich

Schlesisches Himmelreich
Am 31.03.2019 wäre unser Opa Helmut 100 Jahre alt geworden. Dies nehmen wir zum Anlass, ein weiteres Nationalgericht zu präsentieren. Es ist zusätzlich eine Tradition unserer gesamten Familie und wird selbstverständlich an diesem Gedenktag für unsere Familie serviert. Dieser Post wird demzufolge auch erst am 31.03.2019 zu Ehren von Opa Helmut Berger veröffentlicht.

"Wer das Himmelreich nicht kennt, der hat umsonst gelebt"

Beginnen wir mit einem beliebten Spruch der Schlesier. So ist das Himmelreich das Nationalgericht der Schlesier, auch wenn viele es eigentlich nur wegen der Klöße geliebt haben. Uns wurde dieses Gericht in vielen seiner Abwandlungen oft sonntags von Oma und Opa serviert. Meist mit den Worten:"Ihr könnt euch gerne noch nachholen, es ist noch genügend da." Es war wieder einer der besonderen Tage, wo sich die Familie getroffen hat und wir haben diese Treffen geliebt, denn es hätte auch alles anders kommen können.



Wir schreiben das Jahr 1947. Zwei Jahre nach dem Ende des 2. Weltkrieges wurden meine Oma und mein Opa aus Landeshut (Schlesien) umgesiedelt. Nach dem Zwei­ten Welt­krieg behan­del­ten die Alli­ier­ten auf der Pots­da­mer Kon­fe­renz Deutsch­land in den Gren­zen von 1937. Das öst­lich der Oder-Neiße-Linie gele­gene Gebiet der Pro­vinz Schle­sien wurde 1945 unter pol­ni­sche Ver­wal­tung gestellt. Ent­spre­chend der getrof­fe­nen Ver­ein­ba­rung sollte die end­gül­tige Fest­le­gung der Grenze zwi­schen dem ver­ein­ten Deutsch­land und Polen einer abschlie­ßen­den Frie­dens­kon­fe­renz vor­be­hal­ten blei­ben. Nach Über­nahme der Ver­wal­tung durch pol­ni­sche Stel­len wurde die­ser grö­ßere Teil Schle­si­ens admi­nis­tra­tiv in den pol­ni­schen Staat ein­ge­glie­dert, die deut­schen Orts­na­men wur­den ent­fernt und die deut­sche Bevöl­ke­rung größ­ten­teils ver­trie­ben oder zwangspolonisiert. Somit waren meine Großeltern mit ihren Kindern (Hans, Siegfried, Dieter und Christa) Flüchtlinge. Sie mussten sofort und fluchtartig ihre Wohnung verlassen und alle Habseligkeiten stehen und liegen lassen. Sie hatten es gerade geschafft, ihre Möbel in der Wohnung abzuzahlen. Sie wurden enteignet. Ab auf den Güterzug mit dem Nötigsten an Gepäck in eine ungewisse Zukunft. Weil meine Mutter gerade mal ein halbes Jahr alt war mussten sie einen anderen Zug nehmen und sind somit in der sowjetischen Besatzungszone gelandet. Alle anderen Geschwister sind in der britischen Besatzungszone gestrandet. (Hannover und Flensburg) es war ein Zug Unterschied und unser Leben hätte ganz andere Bahnen verlaufen können. Meine Großeltern mussten sich somit eine gewisse Zeit in Gera im Wintergarten Sammellager aufhalten, bis Ihnen eine Wohnung zugeteilt worden ist. Die Kinder sollten nämlich schreien und krach machen, damit sie die Sammelstelle schnell wieder verlassen konnten. Wir haben immer gerne ihren Geschichten und Erlebnissen zugehört, auch wenn einem viel später erst so richtig bewusst geworden ist, welch schwere Zeiten sie hinter sich gebracht hatten.



Oma hat uns immer mit den leckersten Speisen versorgt und den beiden war es immer sehr wichtig die Familie zusammenzuhalten. Für mich persönlich waren die beiden die wichtigsten Bezugspersonen die ich hatte. Eines der leckersten Essen wurde Sonntags von Oma gekocht und serviert. Das "schlesische Himmelreich" und zum Kaffee gab es schlesischen Mohnkuchen. Beide Rezepte werden natürlich bis heute von uns verwendet. Es ist nicht nur ein Ritual es ist einfach eine Art von Erinnerung welche wir damit erhalten wollen.



Zutaten für das "Schlesisches Himmelreich"

1 schönes Stück ausgelöstes Kasseler oder Kasselerlachsbraten, ca. 500 g
2 ca. 2 cm dicke Scheiben Bauchspeck, unbehandelt
1 große Zwiebel, eine kleine Möhre und ein Stück Porree
400 g getrocknetes Mischobst
2 Flaschen Schwarzbier
1 Stück Kochlebkuchen
2 Lorbeerblätter,1 Pimentkorn, 2 Nelken, 1 Stange Zimt, Schale einer unbehandelten Zitrone,Salz, Pfeffer
Butter zum Anbraten


 

Zubereitung:

Wir haben unser Fleisch im Bräter mit Butter angebraten, dann die in Würfel geschnittenen Zwiebeln, Möhren und Porree hinzugegeben um es nach dem Anbraten mit Schwarzbier abzulöschen. Nach dem Anbraten wurde zum weiteren Garen ein Römertopf verwendet.

Das Fleisch im Ofen ca. 15 Minuten mit allen Gewürzen bei ca. 180 Grad (Gas Stufe 2-3) schmoren, dann das Backobst hinzu geben und nochmals 15-20 Minuten weiter schmoren lassen, bis das Fleisch gar ist. Den Kochlebkuchen ebenfalls nach den ersten 15 Minuten hinzugeben, der löst sich auf und ergibt einen vollmundigen Geschmack für die Soße. Schlesisches Himmelreich serviert man mit Knödel oder Kartoffelklöse. Bei Oma gab es jedoch oft die Variante ohne Bier, jedoch wollten wir uns diesen vollendeten Genuss diesmal nicht entgehen lassen.

Servieren werden wir das "Schlesische Himmelreich" mit Rotkraut, Sauerkraut sowie Kartoffelklößen.




Schlesischer Mohnkuchen zum Kaffee

für den Teig:
  • 500 gr Mehl ( Dinkelmehl)
  • 1 Hefewürfel
  • 200 ml Milch ( pfl. Milch)
  • 70 gr Zucker
  • Sojamehl ( Eierersatz)
  • 100 gr Butter
  • etwas Salz




für den Mohnbelag:

  • 400 g Mohn, gemahlen
  • Sojamehls Eierersatz
  • 1,5 l pflanzliche Milch
  • 180 g Gries
  • 200 g Zucker
  • 100 g Mandeln, gemahlen
  • 1 TL Zitronenschale, gerieben



für die Streusel:

  • 100 g Zucker
  • 250 g Mehl
  • 1 Pck. Vanillinzucker
  • ½ TL Zimt
  • 150 g pfl. Butter




Zubereitung des schlesischen Mohnkuchens

Hefeteig:
Zunächst die pfl. Milch erwärmen. Anschließend 50 ml von der pfl. Milch abnehmen, Hefe hinzufügen, vermischen und 20 min gehen lassen.
Mehl, Eier, ( Sojamehl mit Wasser Quellen lassen) Zucker, flüssige pfl. Butter, restliche Milch, 1 Prise Salz und Hefemilch gründlich miteinander verkneten und 1 Stunde gehen lassen.
Den Teil nochmals durchkneten und auf einem gefetteten Backblech ausrollen.






Mohnbelag:
Die Milch aufkochen. Anschließend Mohn, Gries, Zucker, Salz, Eigelb (Das Eiweiß bitte aufheben!), Zitrone hinzugeben und nochmals aufkochen.
Die gemahlenen Mandeln hinzugeben und die Masse abkühlen lassen.
Zwischenzeitlich das Eiweiß steif schlagen und anschließend vorsichtig unter die abgekühlte Mohnmasse heben.
Die Masse gleichmäßig auf dem Hefeteig verteilen.
Streusel:
Alle Zutaten zu Streuseln vermengen und auf dem Kuchen verteilen, anschließend den Kuchen bei 175°C Ober- und Unterhitze ca. 40 min. backen.

Wir sagen guten Appetit.

In liebevoller Erinnerung:
In Liebe und Dankbarkeit gedenken wir Oma Else, Opa Helmut und Onkel Hans. Ihre Spuren im Sand der Zeit mögen verwehen, doch ihre Liebe und Weisheit leben in unseren Herzen weiter. Möge der Himmel über euch genauso strahlend sein wie die Erinnerungen, die wir in Liebe bewahren. Ruht in Frieden, geliebte Seelen.





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